Diagnose der ADHS
Trotz umfangreicher wissenschaftlicher Erkenntnisse lässt sich ADHS noch immer nicht ganz einfach diagnostizieren. Umso wichtiger ist es, dass sich ein in der Untersuchung und Behandlung der Störung erfahrener Arzt oder Psychologe frühzeitig ein umfassendes Bild von den betroffenen Menschen macht. Dazu werden sie mit verschiedenen Testverfahren ausführlich medizinisch und psychologisch untersucht. Grundlage für die Diagnose von ADHS im Kindesalter sind die international anerkannten diagnostischen Systeme ICD-10 und DSM-5. In diesen Systemen sind jedoch keine ausdrücklichen Kriterien für das Erwachsenenalter genannt. Speziell für das Erwachsenenalter formuliert sind die so genannten Wender-Utah-Kriterien der WHO.
Die Untersuchungen nach den jeweiligen Kriterien dienen auch dazu, andere Erkrankungen mit ähnlicher Symptomatik oder Ursachen aus dem persönlichen Umfeld auszuschließen und Begleitstörungen zu erkennen. Nur so können die Betroffenen individuell und erfolgreich behandelt werden.
Voraussetzung für eine Diagnose im Kindes- und Erwachsenenalter ist, dass die Störungen vor dem 12. Lebensjahr gegonnen haben und seit mindestens sechs Monaten oder länger bestehen. Darüber hinaus müssen die Symptome unabhängig von äußeren Umständen in mindestens zwei Lebensbereichen auftreten und die Betroffenen in ihrer emotionalen und sozialen Entwicklung von der Gleichaltriger abweichen.
Diagnosemethoden im Überblick
Anamnese
In einem ausführlichen Gespräch erfragt der Arzt oder Psychologe zunächst die Geschichte der Familie und des Betroffenen, beginnend mit Schwangerschaft und Geburt über die motorische und sprachliche Entwicklung im frühen Kindesalter bis hin zu Freunden und Hobbys. Gesprochen wird dabei auch über seine Stärken und Schwächen sowie sein Gefühlsleben. Manchmal ergibt sich dabei, dass schon Eltern oder Großeltern der betroffenen Kinder oder Erwachsenen ähnliche Symptome gezeigt haben. Grundlage für das Gespräch mit Kindern ist meist ein Fragebogen wie der Mannheimer Elternfragebogen (MEF) oder die Child Behavior Check List (CBCL). Die Antworten auf diese Fragen sollen auch Hinweise darauf geben, ob eventuell organische, insbesondere neurologische Erkrankungen in der Familie vorliegen, die ADHS ausgelöst haben könnten.
Verhaltensbeobachtung
Während der Arzt mit dem Kind spricht, beobachtet er zugleich sein Verhalten: Wie verhält es sich in der Situation? Nimmt es beim Sprechen Blickkontakt auf? Ist es motorisch unruhig? Und wie gehen Eltern und Kind miteinander um? Dieses Verhalten kann ebenfalls wichtige Hinweise auf eine mögliche Aufmerksamkeits-/Hyperaktivitätsstörung geben. Auch Videoaufnahmen von Situationen in der Schule oder Familie wie Mittagessen oder Hausaufgaben können sehr hilfreich sein.
Fragebögen zur Beurteilung des Verhaltens
Eine wesentliche Rolle für die Diagnose bei Kindern und Erwachsenen spielt, wie Eltern, Angehörige und Bezugspersonen wie Lehrer und Erzieher sowie die Betroffenen selbst ihr Verhalten beurteilen. Dafür werden standardisierte Fragebögen verwendet, die außerhalb der Praxis bearbeitet werden sollen und ADHS-Symptome sowie andere Verhaltensauffälligkeiten erfragen.
Bei Kindern geben die Antworten beispielsweise Auskunft darüber, ob die Erwartungen der Eltern und Pädagogen an das Kind realistisch oder eventuell zu hoch sind und welchen Einfluss der Medienkonsum auf das Verhalten des Kindes haben könnte.
Bei Schülern werden auch Lernentwicklungsberichte und Schulzeugnisse mit einbezogen. In den Beurteilungen finden sich häufig über Jahre hinweg Hinweise auf eine mögliche AD(H)S.
Bei Erwachsenen ist vor allem interessant, wie sie selbst und ihre Angehörigen anhand der speziell auf sie zugeschnittenen Fragebögen ihr Verhalten beurteilen.
Vorbefunde
Zum Erstgespräch sollten Betroffene bzw. die Eltern unbedingt auch etwaige Vorbefunde mitbringen: Ergebnisse psychologischer Tests, Berichte von Ergotherapeuten, Logopäden oder Einrichtungen der Frühförderung. Auch sie liefern wichtige Anhaltspunkte für die Diagnose. Bei Erwachsenen können auch alte Zeugnisse und Einschätzungen aus der Schulzeit helfen, den Beginn der Störung einzuschätzen.
Körperlich-neurologische Untersuchungen
In manchen Fällen ist eine gestörte Aufmerksamkeit durch körperliche Erkrankungen bedingt. Aus diesem Grund ist auch eine ausführliche körperlich-neurologische Untersuchung der Patienten unabdingbar. Hierzu gehören sowohl Seh-, Hör- und Labortests als auch Untersuchungen der Schilddrüse und ein Elektroenzephalogramm (EEG). Letzteres kann beispielsweise Auskunft über mögliche hirnorganische Erkrankungen wie Tumore oder Epilepsie geben. Ein Urintest kann einen Medikamenten- oder Drogenmissbrauch ausschließen. Darüber hinaus untersucht der Arzt die Koordination des Patienten, seine Grob- und Feinmotorik sowie die Blickfolge.
Psychologische Testung
Eine weitere Diagnosemethode stellen die psychologischen Tests dar. Dazu gehören sowohl Intelligenz- und Konzentrationstests als auch Tests zum Hörverständnis sowie spezielle Leistungstests, die beispielsweise Auskunft über eine mögliche Lese-/Rechtschreib- oder Rechenschwäche geben können. Aussagekräftig hinsichtlich der Denk- und Verhaltensweise der Kinder und ihres seelischen Zustandes sind auch die Beobachtungen des Arztes im Testverlauf.
Psychologische Test können die klinische Diagnose allerdings nicht ersetzen, sondern nur ergänzen, zumal bei diesen Verfahren auch das Risiko der Fehlinterpretation besteht. So werden Kinder mit auffälligen Werten in diesen Verfahren zwar häufig auch per Fragebogen oder Interview als auffällig eingeschätzt. Umgekehrt werden aber viele Kinder per Test fälschlicherweise als unauffällig eingeschätzt, die in der Schule oder Familie als auffällig beurteilt werden.
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